Wir analysieren, wir operationalisieren, wir kommunizieren – und trotzdem passiert nichts oder zu wenig. Wir tun uns schwer unsere Ideen in nachhaltige Handlungen umzusetzen, oder genauer: reflektierte Handlungen.

Unternehmen stecken Mitarbeitende in MS Teams, aber die Menschen hinter den Bildschirmen werden dadurch nicht zu Teamplayern. Wir erstellen Organigramme, ohne dass dadurch eine bessere Firmenkultur entsteht. Die meisten Unternehmen stützen sich auf Wissensmanagement Systeme, die wiederum auf dem 500 Jahre alten Paradigma der Wissensaneignung basieren. Hierbei können zwei Arten des Nichtwissens unterschieden werden: (I) das sokratische Nichtwissen, das seinen Status demütig gegenüber der Gesamtheit potenziell-verfügbaren Wissens abgleicht, sowie (II) ein digital-situatives Nichtwissen, das Wissen on demand erst dann sucht, wenn es im Hier und Jetzt gebraucht wird.

Traditionelle Organisationen folgen dem Prinzip einer behavioristischen Blackbox: Die Inputs sind Marktbedarf, finanzielles und menschliches Kapital. Der Output sind Produkte, gutbewertete Dienstleistungen und Marktdominanz, verbunden mit einem eindrucksvollen Hochglanzbroschüren-Corporate Image.

Die Gegenwart: In einer Blackbox Kultur folgen Menschen starren Regeln und interagieren daher nicht autonom. Die Personalisierung und Privatisierung von Lernprozessen unterstützt, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, durch das Ausblenden sozialen Kompetenzerwerbs sowie gemeinsamer Lernerfahrungen eine organisationale Silobildung. Ein weiterer negativer Effekt einer Privatisierung von Lernenden ist die Ausgliederung von Lernprozessen aus dem kollaborativen Arbeitsalltag.

Der Output wird in Bilanzen oder Abschlussberichten dokumentiert, die kaum jemand je wieder lesen wird: Input wie Output basieren gewöhnlich auf inhaltlichen Kompendien und nicht Prozessdokumentationen.

Was in diesem Bild fehlt ist nicht nur der einzelne Mensch, sondern die Gestaltung menschlicher Verbindungen. Mehr noch: die menschlichen Verbindungen im Kontext ihrer Einbettung in organisationale, sinnstiftende Prozesse wechselseitiger Wertschöpfung. Darunter fallen weitgehend alle Interaktionen zwischen organisationaler Entwicklung, Personal- und Angebotsentwicklung.

Die Zukunft: In einer Whitebox Kultur verbinden sich entwicklungsoffene Prozesse mit menschlicher Interaktion. Entscheidend für die Entwicklung von Teams wird die reflektierte Erfahrung und Erinnerung an bedeutsame Lernerfahrungen (Kahnemann).

So verdienen Unternehmensberatungen: Sie decken als unabhängige Parteien all jene dysfunktionalen Prozesse auf, die eine Organisation aus eigner Kraft bzw. Bias unfähig war zu lösen. Daher stellt sich die Frage, warum wir es bis heute nicht geschafft haben die Vision ‚Lernender Organisationen‘ (Peter Senge, The art and practice of the learning organization, 1990) umzusetzen. Dies ist die alternative Vorstellung, dass Menschen gemeinsam wertschöpfend tätig sind und zwar nicht dadurch, dass sie vom Management ‚genordet‘ wurden, sondern indem sie integrierte Arbeits- und Lernprozesse gemeinsam und autonom gestalten können. Dies beschreibt das Whitebox Modell.

Das unterliegende Argument lautet: Erst in einer offenen Whitebox wird durch die Integration von komplexen sozialen Lernprozessen mit transparent-definierbaren Outcomes eine Zusammenarbeit multipler Stakeholder auf gleicher Augenhöhe möglich. Dabei kommt der Möglichkeit überhaupt bedeutsame Lernerfahrungen (deep learning experiences) gestalten zu können eine Schlüsselrolle zu, denn ohne eine motivierend-gestaltete Erfahrung bzw. Lernreise können folglich auch keine nachhaltigen Erinnerungen entstehen.

Wie Daniel Kahnemann treffend bemerkte: When people make decisions, the remembering self is in control, (…) We make our decisions in terms of our memories and basically, we maximize remembered utility, not the actual total utility,” (…) “The only thing we can learn to maximize through personal experience is remembered utility.” (Psychological Science, 2002)

Abschließend vermute ich, basierend auf aktuellen Trends, dass nur ein Teil von Unternehmen diesen Zukunftsschritt schaffen wird. Andererseits bin ich optimistisch insoweit sich immer weniger junge Menschen zu Blackbox-Kulturen hingezogen fühlen. Ein top-down autoritärer Führungsstil ist aus der Zeit gefallen: Future leadership is distributed leadership. Zudem werden von einem transformatorischen Leadership neue Qualitäten wie Empathiefähigkeit und soziale metakognitive Kompetenzen erwartet, die über die typische Kompetenzskala von Expertenkulturen hinausgehen (siehe auch Bill Joiner, Leadership Agility, 2006; Dirk Baecker, Postheroische Führung, 2014).

Wir durchleben einen gewaltigen organisationalen Kulturwandel. In seiner Jahrtausende anhaltenden Erfolgsgeschichte werden hierarchische Organisationsmodelle zum ersten Mal ernsthaft in Frage gestellt und durch innovative, agile und flache Heterarchien ersetzt. Das einzige Problem: Es gibt derzeit noch kaum Technologien zur kooperativen Planung von Lernprozessen, die nicht auf Content, sondern auf nachhaltigen Lernerfahrungen beruhen. Genau daran arbeitet unser Team @ NEXTGEN.LX.

Illustrationen: Blackbox (Input-Output) versus Whitebox (Process & People) orientierte Organisationen. Die Grafiken wurden mit Dall-e 2 erstellt. Joana Stella Kompa, 2022.

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